Stolpersteine in Kierspe
Stolpersteine sind im Boden verlegte kleine Gedenktafeln, die an das Schicksal von Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert oder vertrieben wurden. Sie sind von dem Kölner Künstler Gunter Demnig als Kunstprojekt 1992 geschaffen worden. Über 56.000 Stolpersteine sind in Deutschland und in 19 weiteren europäischen Ländern verlegt worden.
In Kierspe wurden die ersten drei Stolpersteine am 06. Juli 2017 verlegt für Heinrich und Bertha Rachel, geborene Heß sowie Erich Heß gegenüber des Hauses Hammerkamp 1. Diese Aufgabe hat der Künstler Gunter Demnig persönlich übernommen.
Alle an dem Projekt Stolpersteine Beteiligten tragen das Ihre dazu bei, der Erinnerung an die NS-Opfer den Platz zu geben, der ihnen zusteht: in der Mitte der Gesellschaft.
Foto: © Stadt Kierspe
Zur Erinnerung an:
Heinrich Rachel
Wegen seiner jüdischen Ehefrau hatte Heinrich Rachel nach 1933 berufliche Nachteile. Im Jahre 1936 wurde ihm auf Betreiben nazistischer Kreise die Viehhandelsgenehmigung entzogen. Die Entziehung dieses Gewerbes bedeutete für ihn die völlige Existenzvernichtung und damit eine schwere wirtschaftliche Schädigung. Selbst nach 1945 wurde er fortgesetzt und laufend wirtschaftlich weiter benachteiligt.
Vom Jahr 1936 bis 1938 war er erwerbslos und ohne Einkommen. Er wurde dann 58-jährig nach Meinerzhagen in einen Rüstungsbetrieb dienstverpflichtet.
Er starb 1959.
Bertha Rachel
Nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 1926 heiratete die Witwe Bertha Heß 1930 den "arischen" Viehhändler Heinrich Rachel. Das Paar wohnte mit Berthas Sohn Erich Heß aus erster Ehe, der damals 11 Jahre alt war, in Kierspe, Hammerkamp 1. Sie wäre akut gefährdet gewesen, wenn ihr Ehemann dem Druck nachgegeben und sich hätte scheiden lassen. In diesem Fall wäre sie höchstwahrscheinlich unmittelbar deportiert worden. Ihr Sohn Erich wurde 1942 deportiert und später ermordet. Bertha Rachel verkraftete den Verlust ihres Sohnes nicht. Fortan verweigerte sie das Essen. Ihr Mann Heinrich und Nachbarn versuchten ihr zu helfen, aber alle Bemühungen nutzten nichts. Mit gebrochenem Lebensmut starb Bertha Rachel schließlich am 19. Mai 1943.
Erich Heß
Erich Heß war der jüngste Sohn des Viehhändlers Hermann Heß und seiner zweiten Ehefrau Bertha, Heß, geb. Benjamin. Als sein Vater im Februar 1926 starb war Erich Heß 6 Jahre alt. Seine Mutter heiratete im Mai 1930 den "arischen" Viehhändler Heinrich Rachel. Das Paar wohnte mit Berthas Sohn Erich aus erster Ehe in Kierspe, Hammerkamp 1.
Erich zog nach Norddeutschland in den Ort Weener im Kreis Leer und am 07.11.1938 nach Wilhelmshaven. Wenige Tage später wurde er im Zuge der Novemberpogrome verhaftet und wurde bis zum 05. Januar 1939 im Konzentrationslager Sachsenhausen festgehalten. Am 23.02.1940 zog er in seinen Heimatort Kierspe zurück.
Erich Heß wurde höchstwahrscheinlich am 28.04.1942 nach Zamosc deportiert.
HAMMERKAMP 1
WOHNTE
HEINRICH RACHEL
JG. 1880
´VIEHHANDELSVERBOT´ 1936
ZWANGSARBEIT 1938
VOLLME MEINERZHAGEN
BEFREIT
HAMMERKAMP 1
WOHNTE
BERTHA RACHEL
VERW. HESS
GEB. BENJAMIN
JG. 1879
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
TOT 19.5.1943
HAMMERKAMP 1
WOHNTE
ERICH HESS
JG. 1919
´SCHUTZHAFT´ 1936
SACHSENHAUSEN
DEPORTIERT 1942
ZAMOSC
ERMORDET
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